Verein: Make Your Town Queer
Uschi Unsinn

Uschi Unsinn

Politdragqueen


"Sichtbarkeit schafft Sicherheit"

Mein Name ist Uwe Scherzer, allgemein bekannt als Uschi Unsinn. So wurde ich auch vergangenes Jahr in den Nürnberger Stadtrat gewählt.

Ich würde mich als Person beschreiben, die immer vorne dran steht und voraus geht. Sei es bei Demos, Aktionsplänen oder oder.

Ich engagiere mich unter Anderem bei der AidsHilfe, ich betreibe intensive Arbeit in der queeren Erinnerungskultur und in der queeren Städtearbeit, also bei der Vernetzung von Partnerstädten in LGBTIQA*-Belangen. Ich wurde zum Ehrenmitglied des CSD Fördervereins Nürnbergs ernannt und betreibe seit vielen Jahren das queere Magazin auf Radio Z mit dem Namen „Radiogays“. Wenn ich Uschi bin, dann bin ich eine Vertreterin der queeren Community und bin selbst Teil der Kultur.

Interview

Wie identifizierst du dich? Hast/hattest du damit Probleme?


Ich identifiziere mich klar als Mann der in einer Kunstfigur lebt, die ich als Polit-Dragqueen bezeichne.

Manchmal erfahre ich schon von meinem Umfeld das ich als Uschi Unsinn über den Dingen schwebe. Aber weitestgehend werde ich so akzeptiert wie ich bin und habe wenig Problem damit.

Wie bist zu deiner Kunstfigur gekommen?


Tatsächlich bin ich durch Zufall dazu gekommen. Es war 1989 und ich habe in einem Nürnberger  Schwulenclub gearbeitet. Der Club hatte Geburtstag und zur Feier dessen kam das ganze Personal in Fummel. Das war die Geburtsstunde von Uschi Unsinn.

Was wünscht du dir in Zukunft in Bezug auf die LGBTIQA*-Bewegung?



Die LGBT-Bewegung braucht mehr inneren Zusammenhalt. Lesben und Schwule dürfen nicht gegeneinander arbeiten. Wir sollten eher das große Ganze betrachten. Wir haben da schon vernünftige Ansätze geschaffen indem zum Beispiel keine getrennten Jugendgruppen mehr angeboten werden sondern eine gemeinsame.

Wir benötigen mehr Inklusion und weniger Ausgrenzung, wir müssen geschlossen nach außen treten. 

Große Probleme die noch behoben werden müssen sind das Blutspendeverbot von homosexuellen Männern oder die Reform des Transsexuellenrechts.

Und wir müssen dringend über den Tellerrand hinausschauen und auf viele, viele Baustellen in Beispielsweise Osteuropa blicken. Es gehört nicht viel dazu, zum Beispiel einen Brief an die zuständigen Politiker vor Ort zu schreiben um auf Missstände hinzuweisen. Da appelliere ich an alle.

Inwieweit hilft dir deine Arbeit als Stadträtin bei der Arbeit als Uschi Unsinn?


Ich bekomme natürlich eine ganz andere Öffentlichkeitswirkung, die Presse ist aufmerksamer auf mich, ich kann Anträge stellen und Themen ins Gespräch bringen.

Um ein Beispiel zu nennen: den Transbadetag, den ich ins Leben rufen wollte.

Was wünscht du dir für die Szene in Franken?


Sicherheit. Das jeder sein Leben leben kann egal, mit wem und in welcher Konstellation, ob polyamorös, transsexuell, homosexuell oder oder. 

Das wir alle trotz Corona gesund bleiben können.

Das Wahlfamilien geschützt sind, also die Freunde, die ich als Familie bezeichne.

Das homosexuelle Männer endlich Blut spenden dürfen.

Und letztendlich ein noch vergrößertes queeres Netzwerk mit einem queeren Zentrum für Nürnberg. Ein Zentrum in dem generationsübergreifend gelebt wird, das Anlaufstelle für queere Flüchtlinge bietet, mit einem niedrigschwelligen Beratungsangebot für Alle. Ein geschütztes Umfeld mit Verwirklichungsräumen und Notunterkünften für gestrandete Jugendliche nach dem Coming Out, welches nicht ganz so reibungslos lief, oder für Gewaltopfer in gleichgeschlechtlichen Beziehungen.

Wie viel CSDs hast du besucht und was ist deine schönste CSD-Geschichte?


Unzählige. Letztes Jahr zum Beispiel war ich mit zwei Ausnahmen auf allen bayrischen CSDs, ich würde schätzen insgesamt waren es so um die 50, alle innerhalb Bayerns. Ich kann mich noch gut erinnern an zwei junge Männer, die mir am Morgen des Nürnberger CSDs entgegenkamen. Der eine fragte mich „Uschi, kommst du heute zum CSD?“. Daraufhin erwiderte sein Freund: „Na hör mal, ein CSD ohne Uschi Unsinn wäre wie der Christkindlesmark ohne das Christkind.“